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Konfliktkompetenz

 

 

„Ich kann keine Konflikte...“

Es klingt wie ein fürchterliches Vorurteil, ist aber nur bedingt eins, wenn ich schreibe „Frauen haben oft Probleme mit Konflikten!“. Es scheint tatsächlich ein sehr weibliches Problem zu sein, Schwierigkeiten im Privaten wie im Beruflichen zufriedenstellend lösen zu können. Oft werden Frauen (aber natürlich auch Männer und andere Geschlechter!) nervös, fahrig, zittrig, unsicher, ängstlich, beschwichtigend, lenken ab, lenken viel zu früh ein usw. wenn es darum geht, sich mit einem vorwurfsvollen, unzufriedenen, wütenden Menschen auseinanderzusetzen.

Das kann, wie immer, viele Gründe haben und hat genauso viele Lösungsmöglichkeiten.

Einerseits ist es leider so, dass viele Kinder nicht lernen, Konflikte gut zu lösen. Ich selbst z.B. bin in einem Haushalt aufgewachsen, wo eine gängige Antwort auf Beschwerden über doofe oder ärgernde Freunde war: „da findest du schon einen Weg!“ oder „es ist dein Leben, die Entscheidungen musst du selbst treffen!“ oder auch „dann setz dich halt durch!“. Leicht gesagt, wenn man als kleiner Mensch keine Ahnung hat, wie das geht. Kinder wissen sowas nicht, sie kommen nicht mit einer Fähigkeit zur Streitschlichtung, Diplomatie, Lösungsfindung oder zum Durchsetzen eigener Bedürfnisse auf die Welt. Kinder brauchen hier, wie in allem, gute Vorbilder, Menschen, die sie an die Hand nehmen und ihnen diese verrückte, große, komplexe, emotionsgeladene Welt erklären und ihnen immer wieder auf eine gut verständliche und ermutigende Art und Weise vorleben, wie es gehen kann.

Wächst ein Kind z.B. in einem Haushalt auf, in dem viel gestritten wird, wohlmöglich sogar, ohne dass gemeinsame Lösungen gefunden werden, Wiedergutmachung erfolgt und die Familie sich bemüht, wieder gut zusammen zu finden, können Konflikte für das Kind zu etwas unaushaltbarem werden. Kleine Kinderkörper sind sehr zart, beeindruckbar und verletzlich. Sie haben noch nicht im Entferntesten die Kapazitäten, Kompetenzen und /oder Resilienz, die sie (hoffentlich) in späteren Jahren entwickeln werden. Deshalb brauchen Kinder Schutz und Unterstützung dabei, die Welt für sich zu erforschen und erobern.

Eltern haben viel Verantwortung. Sie haben z.B. die Verantwortung, wenn sie sich mit ihrem Partner oder jemand anderem streiten oder eine andere Art von emotionsgeladenem Problem in der Luft liegt, über ihre eigenen Probleme hinwegzusehen, um auch das Kind mitzukriegen. Ein Kind versteht „Streit“ erstmal nicht und weiß nicht, wie damit umzugehen ist, woher auch. Es kann die hohe und starke Energie, die bei Konflikten im Raum steht, nicht alleine verarbeiten, das kann ein Kinderkörper einfach nicht. Sie können Strategien entwickeln, wie sie darüber hinwegspielen, indem sie den Streit ignorieren, ganz „cool“ und lässig tun oder selber aggressiv werden, was aber alles keine Verarbeitung sondern nur ein Ausweichen ist.

Wenn ein Kind nun immer (mal) wieder erlebt, dass gestritten wird, alles plötzlich ganz unangenehm und schwierig wird, sich niemand mehr liebhat, sich niemand mehr um das Kind kümmert, Türen knallen und diese sehr unangenehme Stimmung nicht gelöst wird sondern einfach weitergetragen, lernt es möglicherweise: „Streits sind sehr gefährlich!“ und es lernt nicht, wie man aus solchen Situationen wieder raus kommt.

An dieser Stelle sei anzumerken, dass Männer natürlich genau die gleichen Probleme mit Konfliktlösung haben können, sie haben oft nur andere Strategien. Männer driften oft eher in die aggressive Rolle, haben oft einen leichteren Zugang zu Wut, was allerdings nicht heißt, dass sie automatisch gut mit Wut umgehen können, das sind tatsächlich zwei Paar Schuhe.

Kindern gemein ist, dass sie gerne alles tun möchten, um eine sich liebende, beschützende Familie um sich zu haben. Sie möchten, dass Papa und Mama sich lieb haben und sich umeinander und um das Kind kümmern. Sie möchten in Liebe leben. So einfach ist das eigentlich. Und so anders ist oft der Alltag der Erwachsenen.

Bei häufigen Konflikten im Alltag und keiner oder nicht adäquater Unterstützung darin bekommt das Kind genau das nicht, es erlebt u.U. Kontaktabbrüche, Liebesentzug, Schweigen, Vorwürfe, Tränen, Schreien oder körperliche Gewalt. In Kürze, die Welt, die es braucht, um gut und entspannt aufwachsen zu können, zerbricht immer wieder in schmerzhafte Scherben. Und es kommt niemand, um ihm zu helfen, die Scherben aufzusammeln und wegzuwerfen, damit der Boden wieder sicher begehbar ist...

Jetzt lernt ein Kind nicht, gut und konstruktiv mit (ganz normalen) Konflikten umgehen zu können und geht ihnen dadurch entweder aus dem Weg oder provoziert sie (z.B. weil für ihn Streits „normaler“ sind als Freundlichkeit und Entspannung) und trägt das weiter ins Erwachsenenleben. Dann kommt eine Freundin oder ein Kollege, der Partner oder die Chefin und bricht den berühmten Streit vom Zaun. Der Erwachsene verliert den Überblick und den inneren Halt, er (oder sie) wird unsicher und fühlt sich vielleicht (bewusst oder unbewusst) wieder wie 3 oder 7 oder 12 Jahre alt. Frauen reagieren oft beschwichtigend, Männer oft wütend aber es kann natürlich auch ganz anders ablaufen, das sind nur böse Klischees.

Wichtig zu verstehen ist hier, dass man eben kein Kind mehr ist. Das Kind ist dem, was es umgibt, mehr oder weniger ausgeliefert. Es kann nichts oder nicht viel tun, wenn die Eltern sich heftig streiten, gegenseitig rausschmeißen, trennen, es wird im Malstrom der heftigen Gefühle einfach mitgerissen und muss mitansehen, dass seine geliebte Welt zerbricht. Und das ist die einzige Welt, die Kinder kennen!

Als Erwachsener aber hat man eine Menge Einfluss- und Verhaltensmöglichkeiten, man ist Konflikten definitiv nicht mehr einfach hilflos ausgeliefert.

Es gilt zu lernen, Missstände anzusprechen. „Du, mich stört xy...“ oder „in unserem Team geschieht immer wieder xy, was unsere Arbeitsfähigkeit ziemlich einschränkt, finde ich...“, was oft schon aufregend genug ist. Keine Vorwürfe, kein Hinterdemrückenbeschweren, keine Wut. Schlichtes, ruhiges Ansprechen und Benennen. Als nächstes kommt der Schritt der Diskussion, der Verhandlung, der Gespräche. Ein wichtiger Faktor darin ist, dass jeder (!) Teilnehmer Ideen, Veränderungsvorschläge etc. einbringen kann und darf. Was wiederum ein entscheidender Lernschritt ist. Es ist gut, wenn man tief in sich weiß, wie man sich eine gute Beziehung/Arbeitssituation/Wohnsituation vorstellt aber wie kommt man da hin? Zu üben, Lösungen zu finden, sich Ziele zu setzen und sehr konkrete Umsetzungsmöglichkeiten zu finden, macht das ganze handhabbarer. Macht einen oft stabiler und stärker.

Auf dem Weg dahin begleite ich Sie gerne.