Was bedeutet Erden?
Ein sehr zentrales Element meiner Arbeit mit Klienten ist das sogenannte Erden.
Den Begriff mag so mancher aus anderen Zusammenhängen kennen, im Yoga oder der Meditation wird oft ebenfalls vom Erden gesprochen und natürlich in der Elektronik. Aber was genau ist hier damit gemeint?
Ein kurzer Exkurs in eine Funktionsweise unseres Nervensystems:
In unserer heutigen Gesellschaft geht es für viele Menschen schnell zu. Wir können heute sehr viele alltägliche oder berufliche Dinge in Rekordgeschwindigkeit erledigen. Hat früher, im Keller meiner Oma, die wöchentliche Wäsche von Kleidung, Bett- und Tischwäsche mindestens einen ganzen Tag gedauert (meine Oma stand einem 8-9 Personenhaushalt vor!), wirft man heute die Wäsche in die Maschine, danach in den Trockner, legt sie zusammen und zurück in den Schrank. Wir kennen das alle, all die technischen Geräte, die für unsere Kinder heute so selbstverständlich sind, spendieren (oder suggerieren) uns eine Menge „freie Zeit“.
Die meisten von uns haben enorm hohe Ansprüche an sich selbst. Der Haushalt muss topp sein, die Kinder gut drauf, gut versorgt, gut erzogen, gut unterhalten und gelehrt, der Hund muss raus und regelmäßig zu seinem Kurs, die Freunde und Verwandte wollen besucht und verköstigt werden, Hobbys wollen gepflegt werden, die Beziehung, nicht zuletzt die Beziehung zu sich selbst, Ernährung, Garten, politische Interessen, Geld verdienen usw., usw.
Unser Nervensystem selbst aber hat in einer Zeit sich entwickelt, als selbst die Möglichkeiten zum Wäschewaschen meiner Oma (sie war sehr stolze Besitzerin einer eigenen elektrischen Wäschemangel!) noch völlig außerhalb jeglicher Vorstellungskraft lagen. Damals fertigte man sich seine Kleidung aus Tierhäuten, Fellen und Pflanzenfasern an oder lief, je nach Klima, vielleicht sogar nackt herum.
Grundsätzlich ist uns allen die Fähigkeit, uns zu erden (also uns selbst zu beruhigen, im Hier und Jetzt anzukommen, uns freier, bewusster, klarer und handlungsfähiger zu fühlen) ganz selbstverständlich zu eigen. Je ruhiger, harmonischer, verständlicher, vorhersehbarer, liebevoller unser Umfeld ist, desto einfacher funktioniert dieser uns eingebaute Mechanismus. Dazu kommt unser Innenleben, wenn wir im Großen und Ganzen mit uns zufrieden sind, mit unserem Lebenskonzept, den Beziehungen, den zu erledigenden Dingen inclusive ihres zeitlichen und finanziellen Rahmens, auch dann kann das Erden eine Sache sein, die ganz nebenbei verläuft.
Es geht hier darum, dass unser Nervensystem verschiedene Bewegungen durchläuft, die man sich nicht so vorstellen darf, wie muskuläre Bewegungen unserer sichtbaren Gliedmaße. Aber ähnlich, wie unser nach außen sichtbarer Körper sich vielleicht zusammenzieht und klein macht, wenn er sich erschrocken hat oder es längere Zeit unangenehm kalt ist oder aber ausbreitet, wenn liebe Menschen auf ihn zukommen oder er sich genüßlich in der Sonne räkelt, verhält sich auch unser Nervensystem. Wenn man sehr genau darauf achtet (und das zu lernen, ist Teil der Arbeit in meiner Praxis), kann man spüren, wie sich etwas in einem hochzieht, leicht, leer, fest oder eng wird, wenn es stressig, unangenehm oder bedrohlich wird. Oder aber, wie sich etwas nach unten bewegt, weit, schwer, deutlicher fühlbarer wird, wenn man selbst und/oder das Umfeld sich wieder entspannt, friedlicher oder angenehmer wird.
Diese nachvollziehbare Reaktionsweise hat etwas mit dem inzwischen weithin bekannten Prinzip von Entspannung/Spiel/Tanz – Aktivität/Kampf/Flucht – Erstarrung zu tun, den drei „Regionen“, in denen sich unser Nervensystem „aufhalten“ und aus denen heraus es „agieren“ kann, zu tun. Dazu mehr unter dem Stichwort „Polyvagaltheorie“.
Im Bereich Entspannung/Spiel/Tanz sind wir meistens recht gut geerdet, im Bereich Aktivität/Kampf/Flucht anfangs vielleicht noch etwas, je weiter wir dort hineingehen nicht mehr unbedingt und im Bereich Erstarrung sind wir nicht mehr geerdet, heißt also klar, handlungsfähig, im Vollbesitz unserer Möglichkeiten.
Der Hintergrund ist der, dass unser Nervensystem sehr klare Prioritäten setzt. Sind wir an einem entspannten Samstag Nachmittag mit unseren Kindern oder Freunden im Garten, unterhalten uns, essen gemütlich, spielen Spiele oder tanzen zu angenehmer Musik über den warmen Rasen, können wir es uns leisten, voll und ganz im Hier und Jetzt zu sein, unsere Gefühle zu fühlen, unseren Körper zu spüren, die Düfte um uns herum zu riechen, die Sonne auf der Haut zu genießen, wie auch die angenehmen oder anregenden Kontakte zu den anderen Menschen oder auch Tieren um uns herum. Wir können ein weites, offenes Bewusstsein für die gesamte Situation haben, beim Dösen oder Tanz die Augen schließen und uns rundum wohl und sicher fühlen.
All das sind Aktivitäten des Nervensystems. Innerlich kann sich unser Körper ein Stück weit erholen, entspannen, regenerieren, das Essen wird verdaut, unangenehme Erlebnisse für uns oder im Kontakt mit anderen verarbeitet.
Verlassen wir dann den Garten, betreten das Haus, ziehen uns um, besteigen das Auto und fahren in die Stadt, weil wir dort noch einen Anwaltstermin haben, reagiert unser Nervensystem anders. Wir werden fokussierter, aufmerksamer, sind insgesamt in einer anderen Stimmung als vorhin noch auf der Liege in der Sonne, mit den angenehmen Geräuschen lieber Menschen im Hintergrund. Es geht jetzt nicht mehr um Entspannung, Regeneration, Verdauung sondern darum, den Bereichen des Körpers Energie zur Verfügung zu stellen, die jetzt benötigt werden. Das sind vor allem die Gehirnregionen, die rationales Denken, Verstehen und Verarbeiten komplexer Sachverhalte ermöglichen, Augen, Ohren, die Intuition/das Bauchgefühl, aber natürlich auch Muskeln und Gelenke, wir wollen ja wach und aufrecht sitzen können, denn auch der äußere Eindruck spielt bei solchen Verhandlungen eine wichtige Rolle.
Nun kann es sein, dass dort beim Anwalt sehr unangenehme oder schwierige Themen zur Sprache kommen, vielleicht geht es um eine Erbschaftsangelegenheit oder das Thema Pflege der alten Eltern, welche in vielen Familien nicht einfach zu lösen sind. Vielleicht kommt es sogar zu emotionalen Auseinandersetzungen mit anderen Menschen oder schwerwiegenden Entscheidungen, die uns selbst benachteiligen.
Hier nun kann es sein, dass wir wütend werden und laut, anfangen, stark zu gestikulieren oder gar zu schreien, je nachdem, welcher Typ Mensch wir sind. Hier geht es nun ganz und gar nicht mehr um Entspannung und Erholung sondern alle Energie wird konzentriert in den Bereichen des Gehirns gebraucht, in denen es um Angriff und Verteidigung geht, genauso wie in den körperlichen Regionen, die dazu benötigt werden.
Oder wir bekommen einen Fluchtimpuls, weil wir vielleicht mit Themen oder einer Art der Kommunikation konfrontiert werden, die uns überhaupt nicht behagt oder auf die wir nicht kontern können oder wollen und wir treten den (mehr oder weniger geordneten) Rückzug an. Auch hier geht es keinesfalls mehr darum, alle Geräusche um uns herum wahrzunehmen oder bei guter Musik die Augen zu schließen sondern hier stehen die Zeichen auf Alarm und dem Finden eines sicheren Rückzugsortes.
Im letzten Bereich, der Erstarrung nun, ist all das nicht mehr möglich. Wir sind von dem, was außen (oder innen) geschieht, überrollt und überfordert oder wir haben, aus welchen Gründen auch immer, in einer sehr bedrohlichen oder ausweglosen Situation einfach keine Möglichkeit zur Flucht. Hier fährt unser Nervensystem alles herunter, was nicht mehr benötigt wird bzw. was uns schützt. Wir hören kaum noch etwas, riechen und spüren nicht mehr viel, sind vielleicht kaum noch in der Lage, zu sprechen. Es ist der sogenannte Totstellreflex, den unterlegene Tiere angesichts eines übermächtigen Gegners oder Fressfeindes zeigen. Denn so haben sie vielleicht zumindest die Chance mit dem Leben davon zu kommen. Äußerlich scheint so ein Mensch oder Tier völlig erstarrt und reaktionslos, im extremen Fall wirkt das Lebewesen sogar tatsächlich tot. Innerlich sieht es aber völlig anders aus, da läuft alles auf Hochtouren. In eine Erstarrung zu fallen ist Streß pur. Der Teil des Nervensystems, der für Angriff und Verteidigung zuständig ist, arbeitet unter Volldampf, wird nur von dem Teil des Nervensystems, der für Ruhe und Entspannung zuständig ist, stark gehemmt. Denn es ist sehr, sehr anstrengend, sich unterlegen, bedroht oder sogar in Lebensgefahr zu befinden, gleichzeitig ist es in solchen Situationen oft absolut kontraindiziert, selbst anzugreifen oder anderweitig in Aktion zu gehen.
In unserem gewohnten Alltag befinden wir uns oft in dem Bereich von Aktivität/Kampf/Flucht. Wir brauchen die Energie dieses Bereiches zur Erfüllung der vielfältigen Anforderungen, die unser modernes Leben an uns stellt. Vom Bedienen einer Waschmaschine über die alltägliche Kindererziehung, das Führen eines Haushaltes, den beruflichen und privaten Anforderungen inclusive all der darin enthaltenen Entscheidungsfindungen und Konfliktlösungen – wir müssen immer wieder voll da sein, im Besitz all unserer geistigen Kräfte, wie man so schön sagt. Und das ist auch gut so, braucht aber ein regelmäßiges Gegengewicht durch „down-time“, wie man im englischen sagt, Runterkommen sagen wir Deutschen, Entspannen, Sofazeit, Freizeit, Spiel, Spaß und Freude. Um eben von der Aktivität/Kampf/Flucht-Zone immer wieder – mehrmals täglich – in die Entspannung/Spiel/Tanz-Zone zu kommen, in der wir wieder eins werden können mit uns und unserer Umgebung, die Batterien aufladen, kreativ, liebevoll, aufmerksam, mitteilsam und warmherzig werden können.
Und genau darum geht es beim Erden!
Wir brauchen es oft, das Erden wieder (überhaupt einmal) zu erlernen, da die teils ziemlich alten Strukturen unseres Nervensystems mit unserer schnellen, anspruchsvollen modernen Welt schnell überfordert sind. Wir halten uns dann viel zu viel in der Aktivität/Kampf/Flucht-Zone auf und kommen viel zu selten oder sogar überhaupt nicht mehr in die Entspannung/Spiel/Tanz-Zone!
Das kann uns sehr lange überhaupt nicht auffallen... eine ganze Zeit lang kann es sich sogar gut anfühlen, immer „in action“ zu sein, den Überblick und die Kontrolle zu haben, vor Motivation zu sprühen, kaum noch ausruhen zu müssen. Unser Gehirnstoffwechsel stellt sich um und passt sich unserem Lebensstil an, wir beziehen „Highs“ aus der Daueranspannung in Beruf und Alltag und bekommen meist auch noch viel Lob von unseren Mitmenschen.
Bis es dann kippt und unser Körper (wir!) nicht mehr kann. Dem folgt oft eine massive Erschöpfung (sog. Burnout).
Soweit muss es und sollte es nicht kommen, es passiert aber im kleinen wie im größeren Rahmen sehr oft. Viele Menschen suchen sich eine therapeutische Praxis erst, wenn sie merken, dass sie ihren Belastungen alleine nicht mehr standhalten können.
Dabei geht es gar nicht immer darum, dass man sich zu viel aufgehalst hat sondern oft auch „einfach“ darum, dass man, die Gründe hierfür können sehr aufschlussreich und vielfältig sein, nie wirklich gelernt hat, sich gut und ausreichend um sich selbst zu kümmern.
Das Erden nun kann Basis und Zentrum von Selbstfürsorge sein, ist auf jeden Fall Basis und Zentrum der therapeutischen Arbeit in meiner Praxis.
Wir wollen mit dem Erden unserem Körper das Herunterfahren wieder erlauben, ihn endlich wieder dazu einladen, aus der Spirale aus Stress, kreisenden Gedanken, Schlaflosigkeit, Unkonzentriertheit, starken und/oder wirren Emotionen endlich in ruhigeres Fahrwasser zu kommen. Wir wollen aus der Aktivität/Kampf/Flucht-Zone in die Entspannung/Spiel/Tanz-Zone gelangen!
Wichtig hierbei: Erden bedeutet nicht tagträumen oder „chillen“. Erden führt uns an einen Ort, an dem wir Energie haben, klar, wach und sehr präsent sind, fokussieren können, in all dem aber auf eine angenehm neugierige Art und Weise entspannt.
Ein Wort zuvor. Wenn Sie innere Prozesse wie die Arbeit mit dem Nervensystem nicht oder kaum gewohnt sind oder das Erspüren innerer Vorgänge/Gefühle überhaupt noch nicht kennen/praktiziert haben, ist das Erlernen des Erdens ähnlich wie das Erlernen einer neuen Sprache. Es dauert, braucht Zeit, Geduld und (sehr) regelmäßiges Üben.
Im Gegensatz zu einer neuen Sprache allerdings weiß ihr Körper sehr genau, wie das Erden funktioniert. Wer es lernen und vor allem konsequent durchführen muss, sind Sie!
Ich empfehle ausnahmslos allen Klienten (ob erfahren in der Körperarbeit oder auch nicht) das Praktizieren des Erdens mindestens 3 – 5x täglich, gerne auch öfter. Grundsätzlich ist es das Ziel, die ganze Zeit über einen Teil seines Gewahrseins beim Erden zu belassen. 10-20% der Aufmerksamkeit dürfen den ganzen Tag über, egal, was man tut, damit beschäftigt sein, den Körper zu regulieren, ein Zuviel an Energie im Oberkörper oder Kopf nach unten zu beordern.
Sollte Sie der letzte Absatz erschreckt haben, können Sie den Zonenwechsel gleich praktisch üben, die Anleitung folgt sofort.
Vertrauen Sie darauf, dass Ihr Körper das Erden perfekt beherrscht. Er braucht lediglich Ihren Fokus, Ihre Einladung, Ihre Konsequenz und auch Ihren Schutz!
Denn wenn wir ein getriebenes Leben leben, uns ständig über alles mögliche Gedanken machen, kaum/keine bewussten Pausen machen, zu viel arbeiten, im Umfeld von Menschen leben, die uns nicht gut tun, kann unser Körper von sich aus nur sehr schlecht oder gar nicht zur Ruhe kommen.
Erden ist in jedweder Körperposition oder Situation möglich, es gibt tatsächlich (außer bei einem Erdbeben oder anderen jetzt gerade erfolgenden Naturkatastrophen) keine Ausrede, sich nicht ständig und jederzeit die Wohltat des Erdens zu gönnen.
Die Vorbereitung:
Die Basisposition, in der es am einfachsten auszuprobieren ist, ist der aufrechte Sitz (gerne auf einer stabilen Fläche, tief ins Sofa einzusinken ist anfangs nicht so produktiv, später ist der Untergrund egal)
Anfangs ist es gut, das Erden in einer störungsfreien Umgebung zu üben, damit Sie nicht ständig abgelenkt werden, später ist auch das egal, später sollte das Erden auch mitten auf einer lauten Party oder im dichten Verkehrsgetümmel gut klappen!
Stellen Sie beide Füße flach auf den Boden (idealerweise ohne Schuhe, in einer angenehme Temperatur, barfuß ist super, dicke Socken aber genauso, Frieren ist nicht gut!)
Richten Sie sich auf, entscheiden Sie sich bewusst dafür, jetzt etwas für sich zu tun, sich mit sich und ihrem Körper zu beschäftigen. Lassen Sie sich ihren Körper spüren, den Untergrund, den Boden unter den Füßen, nehmen Sie alles wahr, was Sie im Moment spüren können, lassen Sie sich (v.a. anfangs) dabei Zeit!
Sehen Sie sich ganz bewusst um! Schauen Sie sich Ihre Umgebung an, tun Sie so, als sähen Sie die Dinge, die Sie umgeben, zum ersten Mal. Schauen Sie ganz bewusst hin, ohne sich darin zu verlieren. Nehmen Sie Oberflächen, Texturen, Formen, Farben aber auch Geräusche und Gerüche sehr bewusst wahr.
Tun Sie all das mit dem Ziel, wach und lebendig zu werden, Teil zu haben an Ihrer Umgebung, Teil zu werden. Sie wollen Sich nicht in einer Tagträumerei verlieren, Sie wollen klar und präsent werden
Bewegen Sie Ihre Füße! Langsam und achtsam, so langsam und achtsam, dass Sie spüren können, dass Sie sie bewegen und vielleicht sogar, dass Ihr Körper/Ihr Nervensystem/Ihre Gefühle darauf reagieren. Bewegen Sie alle Fußgelenke, beugen und strecken Sie die Beine, wichtig: langsam!
Später werden Sie feststellen, dass auch das sehr genaue Hinsehen, Hinhören, Nachspüren etc. zum Effekt der Erdung führt! Anfangs hat es aber eher vorbereitenden Charakter, vor allem, wenn man sich mehr Zeit für den Prozess nehmen kann!
Wichtig: lassen Sie nicht zu, dass sich ein Leistungscharakter einschleicht! Es geht hier nicht darum, etwas zu vollbringen, zu beweisen oder Medaillen zu gewinnen, nehmen Sie das Ganze als Spiel, Neugierde und Forschergeist sind hilfreich!
Das Erden selbst:
Erspüren Sie den Boden! Erspüren Sie den Teppich, die Fliesen, das Holz, die Erde, das Gras, was immer Sie unter den Fußsohlen haben, begeben Sie sich auf Fuß-Forschungsreise!
Halten Sie inne und lassen Sie sich nachspüren: was hat sich verändert? Wie reagiert Ihr Körper/Ihr Nervensystem/Ihre Gefühle/Ihr Raumgefühl/Ihre Präsenz darauf, dass Sie sich die Zeit nehmen, es sich erlauben, mit Ihren Füßen den Untergrund zu erforschen? Was erleben Sie in sich?
Lassen Sie sich nun evtl. auch andere Körperteile erforschen, die Kontakt zu etwas Stabilem haben, wie ihr Rücken (Rückenlehne), Ihr Becken (Sitzfläche), Ihre Oberschenkel (dito), Ihre Arme und Hände (Armlehnen, Beine), bewegen Sie das entsprechende Körperteil langsam und aufmerksam. Halten Sie dann inne und spüren wertfrei nach, was Sie mitbekommen, was verändert sich oder hat sich zu vorher verändert?
Mögliche Wahrnehmungen sind z.B.: Weite oder Enge, Härte oder Weichheit, Festigkeit oder Lockerheit, Wärme oder Kälte, Leere oder Gefülltsein, Halt oder Haltlosigkeit, Spüren können oder Taubheit, Fließen, Kribbeln, Ausdehnung oder Zusammenziehen uvm. …
Führen Sie das Erforschen und Bewegen fort, geben Sie Ihrem Körper kleine Dosen einer sanften Bewegung oder eines Erspürens des Bodens oder Untergrundes und nehmen Sie sich Zeit, nachzuspüren, was daraufhin passiert
Bleiben Sie weiterhin aufmerksam und wach, die Augen bleiben während des ganzen Prozesses von Anfang bis Ende auf! Sie wollen weder tagträumen noch mit geschlossenen Augen irgendwohin abdriften! Ich höre immer wieder „ich kann mich mit geschlossenen Augen besser konzentrieren!“ - und genau darum geht es: zu lernen, mit offenen Augen, im Kontakt mit dem Leben um Sie herum trotzdem in Kontakt mit sich selbst zu sein und Ihrem Körper zu helfen, sich zu beruhigen. Es ist nicht alltagstauglich, wenn Sie sich dazu immer einen sicheren, ruhigen Ort suchen müssen, an dem Sie alleine sind. Üben Sie von Anfang an stets mit offenen Augen und Ohren!
Lassen Sie sich spüren, wie diese Hinwendung zu sich selbst, diese kleine Ruheinsel für Ihr System (die später inmitten einer lauten, wuseligen Küche beim Kochen des Abendessens für vier hungrige Kinder stattfinden kann!) etwas in Ihnen verändert. Alles mögliche kann passieren, es können Gefühle auftauchen, Seufzer oder Gähner sich Raum nehmen, Tränen rollen und all das ist wunderbar und völlig in Ordnung!
Lassen Sie sich aber vor allem spüren, dass es einen Boden gibt! Dass Ihr Körper diesen Boden mag! (Auch wenn Ihr Verstand das Ganze vielleicht für Zeitverschwendung hält) Dass Sie vielleicht sogar eine Art Sog nach unten fühlen können, der gut ist, denn dort wartet Entspannung auf Sie, vor allem aber Beruhigung! Dies kann sich äußern durch Seufzen, Gähnen, einem Gefühl von Anstrengung (die alt ist und meist nichts mit dem Erden zu tun hat!), Schwere und eben... Ruhe. Lassen Sie sich alles spüren, was Sie spüren, es darf alles da sein und versuchen Sie, die Beruhigung, so flüchtig sie auch sein mag, willkommen zu heißen!
Der Effekt des Erdens verstärkt sich logischerweise von Mal zu Mal. Es kann vorkommen, dass ein Mensch bereits beim ersten Mal eine intensive positive Wahrnehmung von mehr Ruhe hat, es kann aber genauso sein, dass es einige Übung braucht, bis man dazu in der Lage ist, durch all die gewohnte Unruhe die ungewohnte Ruhe zu spüren. Lassen Sie sich darauf ein.
Es gibt Menschen, denen das Erden anfangs nicht gut zu bekommen scheint. Sie reagieren mit noch mehr Unruhe, Angst, Fluchtgedanken oder merken plötzlich, dass Sie statt mehr weniger präsent sind, irgendwohin abgedriftet sind.
Sollte das bei Ihnen der Fall sein, brechen Sie das Erden bitte ab. Gehen Sie freundlich mit sich um, es hat nichts mit Versagen zu tun. Es kann sein, dass Ihr Körper unter viel Streß steht und dass Sie Hilfe dabei brauchen, diesen Streß loszuwerden. Alte traumatische Erfahrungen, gerade solche, die mit dem Körper im Zusammenhang stehen, können effektives Erden anfangs verhindern. Ich begleite Sie sehr gerne dabei, auch diese Herausforderungen zu meistern.
Allen anderen, die sich und Ihrem Körper das Geschenk des Erdens geben oder geben möchten wünsche ich viel Freude dabei und die nötige Konsequenz, die es braucht, etwas Neues in seinem Leben zu manifestieren.